Jens Wendelstorf:     Modelle

2. Bereitstellung von physikalischen Modellen der einzelnen Entladungsteile


Die Ergebnisse dieser Arbeiten finden Sie in konsistenter und wissenschaftlich ausgearbeiteter Form in meiner Dissertation. Im folgenden eine kurze und vielleicht etwas veraltete Einführung.
Die Vorausberechnung einer bestimmten Lichtbogenkonfiguration erfordert zunächst die Aufstellung von mathematischen Modellen der einzelnen Teile der Entladung und von Algorithmen zur iterativen Verbindung der Modelle:
Physikalische Regionen des Lichtbogens

2.1 Modellierung komplexer chemischer Gleichgewichte

Grundlage aller weitergehenden Modelle von Gasentladungen ist ferner die Berechnung der thermodynamischen Zuständsgrößen im Plasma. Da unsere Anwendungen eher im Bereich der thermischen Plasmen liegen, gehen wir hier vom sog. lokalen thermodynamischen Gleichgewicht (LTE) aus. Das bedeutet z.B. die lokalen Teilchendichten sind reine Funktionen der Temperatur. Wichtig ist allerdings oft die Unterscheidung von Elektronen- und Neutralteilchentemperatur (partielles LTE). Eine praktische Implikation des pLTE ist die notwendige Berechnung der Zustandssummen, da diese nur für LTE tabelliert sind.
Für den einfachen Fall eines reinen Gasplasmas (1 Sorte Neutralteilchen, Elektronen und die einzelnen Ionisationszustände) können elementare thermodynamische Daten auch online berechnet und visualisiert werden (On-Line Plasma Calculator OPLACALC - der Zugriff ist allerdings beschränkt) .

2.2 Berechnung von Transportkoeffizienten im (partiellen) LTE

Sind die Dichten und thermodynamischen Zustandsgrößen des jeweiligen Gasgemisches bekannt, so können mit Hilfe einer Vielzahl von Stoßquerschnitten bzw. WW-Potentialen die Leitfähigkeiten usw. berechnet werden. Diese hängen dann wiederum von den lokalen Temperaturen ab.
Insbesondere für Lampenplasmen ist ferner noch ein erheblicher Aufwand zur Berechnung der Strahlungsphänomene erforderlich. Stand der Technik ist hier die Trennung in optisch dünne (Nettoemissionskoeffizient) und optisch dicke (zusätzliche Wärmeleitfähigkeit) Anteile.

2.3 Modellierung des Säulenplasmas

Mit den temperaturabhängigen Transportkoeffizienten stehen alle notwendigen Daten für die Berechnung des [p]LTE-Plasmas der Lichtbogensäule zur Verfügung. Je nach Anwendung müssen Kontinuitätsgleichung, Navier-Stokes Gleichung und Energietransportgleichung berücksichtigt werden. Für ein pLTE Plasma sind zwei gekoppelte Energiebilanzen zu erfüllen. Für den Fall großer Reynoldzahlen (Plasmabrenner) werden oft noch spezielle Turbulenzmodelle verwendet. Bei niedrigeren Drücken bzw. Strömen (einige Lampen) sind ggfls. noch zusätzliche Transportgleichungen zu implementieren (Entmischungseffekte).

2.4 Modellierung der Nichtgleichgewichtsgebiete vor den Elektroden

Die Annahme eines thermodynamischen Gleichgewichtes läßt sich einige Mikrometer vor den Elektroden nicht mehr aufrecht erhalten. Diese, als Katodenfall und Anodenfall bezeichneten, Gebiete legen sich wie eine Haut über die Oberfläche der Elektrodenfestkörper und sorgen für den Übergang zum thermischen Plasma, welches i.a. wesentlich höhere Temperaturen als die Festkörperoberfläche aufweist. Hier spielen Raumladungen, Ionisationseffekte und (ambipolare) Diffusion eine wesentliche Rolle.

2.5 Modellierung der Elektronenemissionsprozesse

Primär kann die Emission von Elektronen aus der heißen (Wolfram) Katode durch die Richardson-Schottky Gleichung beschrieben werden. Für den allgemeinen Fall der sog. Thermo-Feld-Emission werden spezielle Berechnungscodes bzw. Tabellen verwendet, die am Institut für Theoretische Physik der TU-Braunschweig entwickelt wurden.

2.6 Modellierung der Elektrodenfestkörper

Im Elektrodenfestkörper sind Wärmeleitung und Stromtransport einfach zu berechnen. Notwendig sind allerdings temperaturabhängige Leitfähigkeiten für die verwendeten Elektrodenmaterialien.
Hinzu kommt der Transport und die Hochtemperaturchemie von Aktivatorsubstanzen (z.B. ThO_2) und die Reaktionen zwischen Elektrodenmaterial und Plasmagas.
Aber vielleicht wollen Sie sich die Elektroden zunächst einmal genauer anschauen?

Letzte Änderung: 9.10.1998
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